
Der Anspruch an die Kommunikationsfähigkeit von Führungskräften ist enorm. Manager sollen klar, verständlich, motivierend, zielfokussiert, mitfühlend und wertschätzend kommunizieren. Dutzende Trainings versuchen die Führungskräfte zu einem Musterexemplar geschliffener Rhetorik zu entwickeln. Leider wird der Fokus dabei viel zu oft auf die Sprache und Körperhaltung gelegt. Die Fähigkeit des wirklichen Zuhörens gerät dabei immer mehr in Vergessenheit.
Verlorene Fähigkeit - Zuhören
Wir tun es schon, bevor wir das Licht der Welt erblicken – Zuhören. Eine Fähigkeit, bei der wir uns am Anfang unseres jungen Lebens kaum anstrengen müssen. Aber mit der Zeit geriet diese angeborene Fähigkeit immer mehr in den Hintergrund. Der ganze Fokus wird ab einem bestimmten Zeitpunkt unseres Lebens auf das Sprechen gelegt. Der Grund hierfür ist laut Ralph G. Nicholes, dass je älter wir werden, desto mehr mentale Kapazität verwenden wir beim Zuhören darauf, andere Dinge zu tun - beispielsweise uns zu überlegen, was wir zu dem Gesagten sagen wollen. Oder wie es der Management-Guru Stephen Covey ausdrückt: „Die meisten Leute hören nicht zu, weil sie verstehen möchten, sondern weil sie antworten wollen.“
Und er hat recht – wer kennt nicht die nervigen Angewohnheiten des Gegenübers:
- sich während des Gespräches anderen Personen oder Dingen zuwenden
- das Erzählte übertreffen wollen („Das ist ja noch gar nichts ...!“)
- den anderen unterbrechen
- nicht auf das Gesagte reagieren
- Blickkontakt vermeiden
- „Ja, aber ...“
- nur kurz zwischen Tür und Angel etwas zurufen
Und laut Michael W. Purdy, Experte des Themas Zuhören, sinkt die Fähigkeit des Zuhörens mit jedem Schritt, den wir auf der Karriereleiter erklimmen. Eine Theorie ist, dass durch Stress die Fähigkeit des Zuhörens abnimmt. Eine andere besagt, dass Personen in höheren Positionen so von sich selbst überzeugt sind, dass sie Informationen nicht so sorgfältig überdenken. Doch gerade in diesen Positionen ist das Zuhören eine essenzielle Fähigkeit.
Besser zuhören in 3 Schritten
Um dieser Tatsache entgegen zu wirken, berücksichtigen Sie einfach die folgenden 3 Schritte. Es ist an der Zeit, die verlorene Fähigkeit wieder aufleben zu lassen – besonders in der Führungsebene!

(1) Fokussieren Sie sich auf Ihr Gegenüber
Zuhören scheint oft selbstverständlich zu funktionieren. Aber es gibt gute Zuhörer und nicht so gute Zuhörer. Der Unterschied ist ganz einfach: gute Zuhörer warten nicht schon auf die nächste Gelegenheit, selbst zu Wort zu kommen. Hören Sie genau zu und bleiben Sie aufmerksam. Achten Sie auf die Tonlage, die verwendeten Worte und auf die Körperhaltung Ihres Gegenübers. Zuhören ist nicht nur die Aufgabe der Ohren, sondern vielmehr ein Zusammenspiel aller Sinne.

(2) Hören Sie genau zu
Konrad Lorenz hat es gut auf den Punkt gebracht: „Gesagt ist nicht immer richtig gehört und gehört ist nicht immer richtig verstanden!“ Versuchen Sie zunächst genau zu verstehen, was der andere Ihnen sagen will. Wir neigen dazu, schnell eine Meinung zu dem Gesagten zu bilden und zu äußern. Versuchen Sie dieser Neigung zu widerstehen und fragen Sie lieber nochmal nach. So zeigen Sie Ihre Aufmerksamkeit und geben Ihnen und dem Gegenüber die Chance, das Gesagte richtig zu interpretieren und angemessen zu reagieren.

(3) Fassen Sie das Gesagte zusammen
Wenn Sie das Gefühl haben, das Gesagte richtig verstanden zu haben, dann fassen Sie das Gesagte nochmal kurz zusammen.
- „Kurz zusammengefasst geht es also darum, ...!“
- „Habe ich das richtig verstanden, dass …?“
Aber vergessen Sie nicht – „Solange man selbst redet, erfährt man nichts!“ (Marie von Ebner-Eschenbach)

Jennifer Berger
Arbeits-, Organisations- & Wirtschaftspsychologin